«Wuchtig, irritierend und ambivalent». Das sind die Worte, welche Anuschka Roshani zuerst mit ihrer LSD-Erfahrung assoziiert. Sie ist zum Glück nicht von einer psychischen Krankheit betroffen. Doch die Zahl der Krankeitsbetroffenen in unserer Gesellschaft nimmt zu und nicht immer verhelfen herkömmliche Behandlungen mit Antidepressiva oder ähnlichen Medikamenten zur Besserung. Bei der Suche nach einem alternativen Heilmittel stösst man auf LSD. Um die Wirkung zu dokumentieren und zu kennen, sind Studien sind somit sehr wichtig und werden auch immer häufiger. Roshani ist eine Journalistin aus Zürich, welche an einer ebensolchen Studie zu LSD teilnahm und dort selbst LSD konsumierte. Mithilfe ihrer Erfahrungen und ihrem Wissen schrieb sie ihr Buch «Gleissen», aus welchem wir viel Informatives für diese Reportage entnehmen konnten.

Die Forschung kommt in Schwung
Bei Angststörungen, Depressionen und Suchterkrankungen gibt es laut Prof. Matthias Liechti die positivsten Auswertungsdaten bei der Behandlung mit LSD. Matthias Liechti ist Arzneientwickler und Leiter der Forschungsgruppe Psychopharmakologie am Departement Biomedizin des Universitätsspitals. Ein Einsatz von LSD bei Schizophrenie, einer bipolaren Störung und Borderline als kontraproduktiv, schreibt uns Liechti auf unsere Fragen, welche wir ihm per Mail stellen konnten. Nur wenige dürfen weltweit Studien zu LSD und anderen psychoaktiven Substanzen durchführen. Die Schweiz ist vergleichsweise offen: Daher kann Matthias Liechti hier gut arbeiten und seine Studien durchführen. Er war es auch, der Anuschka Roshani als Leiter einer Studie zu LSD am Universitätsspital Basel ermöglichte, LSD zu konsumieren. Die Forschung läuft an, besonders auch in der Schweiz. Die Bremse solcher Studien seien, dass eine grosse Menge Geld und Knowhow benötigt wird, wie Liechti berichtet. Dieser leitete schon um die 10 Studien und auch momentan ist eine neue Studie am Laufen.
Wir trafen die Schweizer Journalistin und Verhaltensbiologin Anuschka Roshani in Zürich zu einem Interview, wo sie uns gleich zu einem Tee einlud. Unser Gespräch mit ihr war sehr spannend und ergebnisreich. «Ich hatte nicht viele Visuals, die meisten sind mir eh entfallen. Aber was mir blieb, ich nahm alles als Emotion war. So erfühlte und sah ich das erste Mal Klänge.» Was man während des Trips erfährt, ist sehr individuell, aber dass man alles als Emotion wahrnimmt, wurde von den meisten Konsumenten berichtet. Nun, wie soll das einem Patienten mit Depressionen helfen? Dazu äusserte sich Anuschka in unserem Interview: «Bei einer Depression schaut man wie nur durch einen Tunnel, wo alles nur düster und dunkel aussieht.» Weiterhin erklärte uns Roshani, wie das helfen soll. Im LSD-Rausch werden durch all diese intensiven Eindrücke und Emotionen der Mantel des Tunnels gesprengt und es erlaubt einen Blick über den Tellerrand des eigenen Lebens hinaus. Ob dies eine chemische Reaktion im Gehirn ist, wird derzeit noch untersucht. Trotz des Unwissens aber zeigen die Ergebnisse der Studienversuche eine sehr hohe Erfolgsrate. Allem Anschein nach ist LSD ein Wundermittel für die Heilung von gewissen psychischen Erkrankungen, oder um eine neue Perspektive auf das eigene Leben zu gewinnen. Aber was spricht gegen den Konsum, warum sollten nicht alle einmal LSD nehmen? Nebst den vielen positiven Effekten, die LSD mit sich bringt, gibt es auch Gefahren, die man nicht unterschätzen darf. Eine unkontrollierte Einnahme ohne professionelle Begleitung kann zu einer schweren Psychose oder Persönlichkeitsstörungen führen.
Teufelsküche in Basel
LSD wurde erstmals 1938 von Albert Hofmann synthetisiert, in der Hoffnung, eine neues Kreislauf-Stimulanz, ein Aufputschmittel, zu kreieren. Da es bei den Tierversuchen keine pharmakologische Wirkung zeigte, sondern nur für Unruhe unter den Tieren sorgte, wurden weitere Forschungen darüber eingestellt. 1943 stellte Hofmann die Substanz noch einmal her, musste allerdings wegen plötzlichem Unwohlsein seine Arbeit abbrechen. Als er zu Hause angekommen war, seine Augen schloss, sah er die farbenfrohen Muster, die wir sonst von Kaleidoskopen kennen. Diese entstehen durchs Andocken von Lysergsäurediethylamid (LSD) an den 5HT 2A-Rezeptoren im Gehirn, wobei das Gehirn zu einem Serotoninrausch stimuliert wird.
LSD ist schon lange bekannt
Wegen des Potentials in der Psychotherapie war LSD lange noch als Medikament erhältlich und gleichzeitig verbreitete sich die Droge in der Kunst- und Hippie-Szene. Künstler:innen nahmen LSD, um inspirierter zu sein und Hippies sahen es als eine bewusstseinserweiternde Substanz. Durch diese Erweiterung des Bewusstseins fingen die Menschen an, Glaubenssysteme und politische Systeme zu hinterfragen. Viele entwickelten daraus eine pazifistische Haltung. Von 1955 bis 1975 herrschte der Vietnamkrieg und eine Menge amerikanische Soldaten weigerten sich zu kämpfen, wegen der friedlichen Weltanschauung, die sie dank LSD hatten. Doch was nützten pazifistische Soldaten im Krieg? Da US-Präsident Richard Nixon nicht wollte, dass man selbst frei denkt, rief er ein Verbot gegen LSD aus und bezeichnete es als «Satans Küche». 1971 verbaten die Vereinigten Nationen LSD auf der ganzen Welt. Noch aus dieser Zeit stammt das Weltbild, welches die meisten Menschen heute von psychoaktiven Substanzen haben.
AHA-Kasten
LSD ist eine psychoaktive Substanz, was bedeutet, dass durch den Konsum Glückshormone wie Serotonin oder Dopamin ausgeschüttet werden: Man fällt in einen Rauschzustand. Nebst LSD gibt es noch weitere stark halluzinogene Substanzen wie Psylocibin (Magic Mushrooms), Meskalin (2CB), Ecstasy, Ayahuasca und DMT. LSD ist eine synthetisierte Droge, welche offiziell Lysergsäurediethylamid heisst. Reines LSD findet man in der Natur nicht. Bloss der Ursprungsstoff ist natürlich, das sogenannte Mutterkornalkaloid. Dieser muss im Labor synthetisiert werden, um LSD zu erhalten.
Und was jetzt?
Wegen Corona und anderen aktuellen Krisen steigen die Zahlen von Personen, welche an einer psychischen Krankheit leiden, zunehmend an. Somit stellt sich die Frage: Wurden schon Leute geheilt mit LSD und anderen psychoaktiven Substanzen? Auf der Suche nach der Antwort landet man rasch auf der Website von Peter Gasser. Er leitet eine Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie in Solothurn. Schon auf der Startseite fällt der Blick der Lesenden auf die die Überschrift «Psychedelische Therapie». Also ja, auch heute werden schon Leute mit psychischen Krankheiten durch LSD therapiert. Das funktioniert aber nur in spezifischen Einzelfällen, wenn Gasser diese Behandlungsform als nötig empfindet. Seit 2014 kann er beim Bundesamt für Gesundheit Therapien mit LSD und MDMA beantragen, welche er nach einem positiven Entscheid mit den Betroffenen durchführt. Diese Behandlung nimmt viel Zeit in Anspruch und braucht, wie schon gesagt, Ärzte, die Wissen was sie tun. Wie Gasser in einem Interview mit einer Studierenden meinte, sei er zuversichtlich, dass die Haltung der Gesellschaft gegenüber psychoaktiven Substanzen und insbesondere LSD immer entkrampfter werde. In den nächsten zwei Jahren sollte es schon als Heilmittel auf den Markt kommen. Höchstwahrscheinlich hat aber Psylocibin eine erfolgversprechendere Zukunft als LSD wegen dem Bild, das die meisten durch Präsident Nixon von LSD haben.